Dem Mut und dem Engagement Betroffener ist es zu verdanken, dass sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend öffentlich zum Thema gemacht wurde. Zusammen mit engagierten Feministinnen haben Betroffene Ende der 1970er Jahre in Deutschland erste Artikel und Bücher veröffentlicht. 1982 gründeten sie in Berlin eine Selbsthilfegruppe mit dem Namen Wildwasser – einige Zeit später entstand daraus die erste Beratungsstelle.
1987 fanden sich in Hannover Studentinnen und Frauen aus unterschiedlichen Berufen zu einer Gruppe zusammen, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, wie betroffene Mädchen aus ihrem privaten und beruflichen Umfeld geschützt und bei der Verarbeitung der erlittenen Gewalt unterstützt werden können. Aus dieser Gruppe heraus gründeten wir den Verein Violetta – gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und jungen Frauen. Zwei Jahre später eröffneten wir die gleichnamige Beratungsstelle.
30 Jahre sind ein Grund zum Feiern. Aber auch ein Grund, innezuhalten und zu schauen: Mit welcher Haltung sind wir gestartet? Wofür stehen wir mit unserer Arbeit? Was haben wir erreicht? Wie ist das Thema sexualisierte Gewalt heute in der Gesellschaft angekommen? Welche Visionen haben wir?
Grundlage unserer Arbeit ist ein feministischer, gesellschaftskritischer Ansatz, der gängige Geschlechterrollen, die Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen sowie die zwischen Erwachsenen und Kindern kritisch hinterfragt. Sexualisierte Gewalt ist ein Ausdruck von Macht, die sexuelle Gewalt als Mittel zur Gewaltausübung missbraucht.
Darum ist sexualisierte Gewalt kein individuelles Problem Betroffener, sondern eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung, die entsprechend gesellschaftlich und politisch gelöst werden muss. Wir fordern, dass alle gesellschaftlichen Institutionen wie auch die Zivilgesellschaft Verantwortung dafür übernehmen, dass dies gelingt!
Wir stehen parteilich auf Seiten der Betroffenen. Was heißt das? Wir nehmen keinen neutralen, wertfreien Standpunkt ein, der die Anliegen aller Beteiligten – also auch mutmaßlicher TäterInnen – gleichwertig betrachtet. Parteilichkeit bedeutet für uns, die Interessen und Bedürfnisse der von uns beratenen Mädchen und jungen Frauen in den Mittelpunkt der Intervention zu stellen. Wir nehmen sie ernst, stellen uns offen und bewusst auf ihre Seite, entwickeln mit ihnen zusammen neue Lebensperspektiven und erkennen ihr Selbstbestimmungsrecht an. Auch unsere Präventions- und Öffentlichkeitsarbeit basiert auf diesen Grundsätzen.